Verschwörungstheorien um Charlie Hebdo: Der Faktencheck

Ken Jebsen, Christoph Hörstel, Jürgen Elsässer, Rüdiger Lenz, Gerhard Wisnewski und andere Demagogen übertreffen sich mit Verschwörungstheorien rund um die Anschläge auf Charlie Hebdo. Daher ein kurzer Faktencheck der neun am häufigsten vorgebrachten Argumente die auf eine Verschwörung hindeuten sollen.

1. Die Ermittler wussten bereits unmittelbar nach den Anschlägen, dass es sich bei den Tätern um Islamisten handelt. Das bedeutet, dass die Aktion eine lang vorbereitete False Flag-Operation gewesen sein muss, um mal wieder Stimmung gegen Muslime bzw. den Islam zu machen.

Vermutlich waren bereits der Ausruf »Wir haben den Propheten gerächt« und die Tatsache, dass Charlie Hebdo seit Jahren ob seiner islamkritischen Karikaturen Morddrohungen erhielt und bereits einen Brandanschlag hinter sich hat, starke Indizien dafür, dass es sich bei den Attentätern höchstwahrscheinlich um Islamisten handelt. Für diese Schlussfolgerung muss man nicht gerade Sherlock Holmes heißen. 😉

2. Die Attentäter sind viel zu professionell vorgegangen. Die Täter müssen militärisch ausgebildete Profis gewesen sein.

Der Attentäter Saïd Kouachi hat ein Ausbildungslager der Terrorgruppe Al-Kaida im Jemen absolviert und war daher durchaus bewandert was Waffen und militärisches Vorgehen angeht. Dennoch sind Saïd und sein Bruder Chérif alles andere als professionell vorgegangen. Ursprünglich stürmten sie sogar ein falsches Gebäude und später auf der Flucht raubten sie einer Dame das Auto nachdem sie ihr eigenes Fluchtauto zu Schrott gefahren hatten.

3. Der Selbstmord des vermeintlichen Chefermittlers Helric Fredou einige Tage nach dem Anschlag ist doch ein zu großer Zufall. Wurde er ermordet weil er zu viel wusste?

Der Selbstmord des Polizeikommissars Helric Fredou wurde von diversen Verschwörungstheoretikern zu einer Sensationsmeldung aufgebauscht. Fredou war Komissar der Kriminalpolizei von Limoges und hatte die Routineaufgabe, die Familie eines der Opfer zu befragen. Limoges liegt rund 346 Kilometer von Paris entfernt. Somit war Fredou entgegen den Behauptungen weder an den Ermittlungen direkt in Paris und Umgebung beteiligt, geschweige denn einer der Chefermittler. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei war er depressiv und litt unter dem Burnout-Syndrom.

4. Einer der Terroristen hat seinen Ausweis im Auto liegen lassen, während die Terroristen den Fluchtwagen wechselten. Warum nimmt ein Terrorist seinen Ausweis mit und lässt ihn dann auch noch so auffällig rumliegen?

Die Kentrail-Verschwörung hat dieses Argument auf Facebook unter die Lupe genommen: »Hat man vor das Land nach einem Attentat unerkannt zu verlassen, nimmt man den Ausweis mit. Ist man jedoch erkannt worden und weiß, die Grenzen sind dicht und die Polizei ist mit einem Großafgebot auf den Versen, dann solte man sich absichern, in dem man den Ausweis liegen lässt. Das hat einen einfachen und logischen Grund: Es handelt sich um Märtyrer, die anerkannt werden müssen, damit die Terrororganisationen den Hinterbliebenen Geld zukommen lassen können.«

5. Der Supermarkt-Geiselnehmer Amedy Coulibaly war gefesselt und unbewaffnet als er erschossen wurde.

Dieses Argument bezieht sich auf das Video der Erschießung Coulibalys durch ein Sondereinsatzkommando der französischen Polizei. Spielt man das Video allerdings in Slow Motion ab, dann erkennt man sehr wohl, dass Coulibaly erstens eine Waffe in der Hand hält und zweitens zeitweise seine Arme von sich streckt.

6. Die Terroristen haben mit Platzpatronen geschossen.

Verschwörungstheoretiker behaupten, dass man auf den diversen Amateurvideos erkennen könne, dass die Terroristen mit Platzpatronen auf den Polizeiwagen und den Polizisten Ahmed Merabet geschossen hätten. Allerdings stellt sich dann die Frage, wie die Einschusslöcher auf das Einsatzfahrzeug gekommen sind und wohin Merabet verschwunden ist. Wurde ein leerer Sarg beerdigt? Lebt Merabet nun in der hohlen Erde oder wurde er einer Gesichtstransplantation unterzogen? Alternative Theorien, die wesentlich mehr Fragen als die „offizielle Version“ aufwerfen, sind eben nicht die plausibleren Erklärungen.

7. Der schwarze Citroën der als Fluchtauto gedient hat, scheint nicht derselbe Wagen gewesen zu sein, den uns die Medien auf diversen Aufnahmen präsentieren, da das gefundene Fluchtauto schwarze Spiegel hatte und der Citroën auf den Fotos und Videos ganz klar weiße Spiegel hat.

Der Citroën hat schlicht Chromspiegel und je nach Perspektive scheint die Farbe auf einigen Fotos schwarz, da sich die schwarze Karosserie spiegelt, oder eben weiß bzw. silber.

8. François Hollande hat bei seiner Ansprache nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo behauptet, dass die Geheimgesellschaft der Illuminaten hinter dem Angriff stecken würde.

Diese Verschwörungstheorie geht auf einen grotesken Artikel zurück. Hollande sagte in der entsprechenden Rede: “Ces fanatiques, ces illuminés, n’ont rien à voir avec la religion musulmane”. Würden die Verschwörungstheoretiker in einem Wörterbuch nachschlagen, dann wüssten sie, was es mit dem französischen Wort illuminés auf sich hat: “illuminé(e): Personne dénuée d’esprit critique, qui soutient une doctrine avec une foi aveugle, un zèle fanatique”. Der Begriff bezeichnet also jemanden der unkritisch eine Ansicht/Lehre mit fanatischem Eifer unterstützt. Diese Bezeichnung dürfte im übrigen auch auf manch einen Anhänger solch absurder Verschwörungstheorien zutreffen.

9. Hinter dem Anschlag stecken die Rotschilds. Die Bankiersfamilie hat das französische Satiremagazin Charlie Hebdo kurz vor dem Attentat übernommen und wollte durch das Massaker die Auflagen stärken.

Mit dieser Verschwörungstheorie haben wir uns bereits auf Facebook beschäftigt.

Siehe dazu: https://www.facebook.com/GenFM/posts/1029114897105278:0

Die Wiederlegung weiterer Verschwörungstheorien um Charlie Hebdo findet ihr hier und hier.