Die »Infokrieger« und ihre Wahrheitsprediger

Thaddäus Troll hat mal gesagt, dass Propaganda ein hartnäckiger Versuch sei, andere Menschen glauben zu machen, was man selbst nicht glaubt. Demagogen wie Ken Jebsen oder Jürgen Elsässer verstehen es dabei ausgezeichnet auf dem Klavier der sozialen Netzwerke zu spielen. Behilflich ist ihnen dabei u.a. die Facebook-Seite Anonymous.Kollektiv. Dort wird fleißig für die Montagsmahnwachen geworben, gegen alles gehetzt was irgendwie links ist und reaktionäre Propaganda bis zum Erbrechen verbeitet. Diese Wahrheitsprediger verkaufen so ihre Wahrheiten als der Weisheit letzter Schluss und diskreditieren alles und jeden der anderer Meinung ist. Dass Ken Jebsen beispielsweise wegen eines harmlosen Witzes indirekt zu einem Shitstorm auf Christian Ulmen aufgerufen hat oder Anonymous.Kollektiv in der Vergangenheit kritische Journalisten öffentlich an den Pranger gestellt hat, ist dabei eher die Regel denn die Ausnahme. Die Jünger der Wahrheitsprediger lassen sich natürlich nicht lange bitten und folgen den Rufen ihrer Leitfiguren, wenn mal wieder zum Shitstorm gegen bestimmte Medien oder kritische Einzelpersonen aufgerufen wird.

Ein Merkmal der sog. „Wahrheitsbewegung“ ist, dass man alles als Desinformation ablehnt was irgendwie von etablierten Medien, Politikern oder Wissenschaft kommt – jedenfalls wenn es dem eigenen Weltbild widerspricht – aber sich gleichzeitig von irgendwelchen Verschwörungsgurus abhängig macht. Außerdem schottet man sich sektiererisch gegen alles was das eigene Weltbild infragestellen könnte ab. Jeder Kritiker könnte schließlich ein Desinformationsagent einer dunklen Macht sein, der den Gläubigen vom Pfad der Wahrheit abbrignen möchte.

»Da sie sich im Besitz der Wahrheit wähnen, sind sie Kritik und kontroverser Diskussion nicht zugänglich. Kritiker werden als Systemknechte und bezahlte Schreiberlinge denunziert und mit äußerster Aggressivität persönlich angegriffen. Allgemein anerkannte Informations- und Wissensquellen werden als „Mainstream“ abqualifiziert und der Lüge und Manipulation verdächtigt; als akzeptable Informationsquellen gelten in erster Linie die Internetseiten aus dem Umfeld der Bewegung; einschlägige Links gelten als Beweise; durch ständiges gegenseitiges Zitieren und Verlinken entsteht ein endloser selbstreferentieller Kreislauf.«

Quelle: http://antifaschismus2.de/rechte-strategien/kultur/161-wie-faschistisch-sind-die-infokrieger

Selbstverständlich sollte man auch die Medien und Politik kritisch hinterfragen, aber das kann nicht bedeuten, dass man das eigene Gehirn am Hutständer abgibt und alles blind glaubt was irgendwelche Wahrheitsapologeten im Internet verbreiten. »Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben« (André Gide).

Die ideologische Ausschlachtung der Ukraine-Krise

Auf die Idee auch mal ihre eigenen Leitfiguren zu hinterfragen, kommen die selbsternannten „Freigeister“ und „Erwachten“ leider nicht. Ansonsten könnten sie ja beispielweise mal bei Jürgen Elsässer nachfragen, wieso er zwar den Faschismus in der Ukraine kritisiert aber gleichzeitig dem nationalbolschewistischen Ideologen Alexander Dugin sehr zugetan ist.

Der Ukraine-Konflikt ist auch deswegen interessant, weil es ein Propagandakrieg ist, der hauptsächlich über die neuen Medien ausgefochten wird. Es ist natürlich berechtigt die teilweise sehr einseitige Berichterstattung der westlichen Medien zu hinterfragen. Der russischen Seite hingegen scheint man alles blind abzukaufen, auch wenn es sich um so absurde Behauptungen wie die handelt, dass ukrainische Soldaten die Leichen ihrer ermordeten Widersacher verzehren würden. Dass von russischer Seite auch mittels Diffamation gezielt Hetze gegen Kritiker im Ausland gemacht wird, scheint ebenfalls nicht problematisiert zu werden.

Jüngstes Beispiel Olga Wieber:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/angeblicher-organhandel-russische-propaganda-gegen-deutsch-ukrainerin-a-980304.html

Warum man zwar die westlichen Medien kritisch hinterfragt bzw. komplett ablehnt aber der russischen Seite alles blind glaubt, scheint wohl auch ein Ergebnis der ideologischen Leitlinie der Wahrheitsprediger wie Jürgen Elsässer oder Christoph Hörstel zu sein.

Ein interessantes Interview mit dem Medienwissenschaftler Norbert Bolz zum Thema Ukraine-Krise und Propagandakrieg:

http://youtu.be/23ye2p3pIbg

Abschließend kann man wohl nur noch Immanuel Kant zitieren:

»Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.«

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