Stephan Bartunek legt neue »Beweise« für die zionistisch-nationalsozialistische Verschwörung vor

Unter den selbsternannten Infokriegern und Truthern ist eigenständige Quellenrecherche eher verpönt. Das sieht man auch regelmäßig an den Reden und Internetplattformen der sog. Mahnwachen für den Frieden. Die Website Antifaschismus 2.0 hat es schön auf den Punkt gebracht: »Da sie sich im Besitz der Wahrheit wähnen, sind sie Kritik und kontroverser Diskussion nicht zugänglich. Kritiker werden als Systemknechte und bezahlte Schreiberlinge denunziert und mit äußerster Aggressivität persönlich angegriffen. Allgemein anerkannte Informations- und Wissensquellen werden als „Mainstream“ abqualifiziert und der Lüge und Manipulation verdächtigt; als akzeptable Informationsquellen gelten in erster Linie die Internetseiten aus dem Umfeld der Bewegung; einschlägige Links gelten als Beweise; durch ständiges gegenseitiges Zitieren und Verlinken entsteht ein endloser selbstreferentieller Kreislauf«.

Wir wissen nicht, ob Stephan Bartunek (Mahnwache Wien / Gruppe 42) sich selbst als Infokrieger oder Truther bezeichnen würde. Seine Quellenrecherche ist jedenfalls problematisch bis mangelhaft, wie wir bereits an anderer Stelle festgestellt haben (siehe hier, hier und hier).

Bartunek will mal wieder einen vermeintlichen Beweis dafür gefunden haben, dass die Zionisten in Wirklichkeit Verbündete der Nazis waren und die ganze Welt über diese sinistre Verschwörung getäuscht wird. Auch in diesem Fall verwundern uns Bartuneks Belege außerordentlich. Er möchte wohl andeuten, dass eine Nazi-Flagge im Jahr 1933 – mitten in Jerusalem – ein Beleg dafür sei, dass die Zionisten mit den Nazis kolaboriert hätten.

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Leider lässt Bartunek auch in diesem Fall jedes elementare historische Grundlagenwissen vermissen. Im Jahr 1933 gab es nämlich bekannterweise noch keinen Staat Israel. Die Region Palästina inkl. Cisjordanien und Transjordanien waren ab 1920 britisches Mandatsgebiet. Bis 1948 erstreckte sich das britische Völkerbundsmandat noch vom Jordan bis zum Mittelmeer. Auf dem Mandatsgebiet (in seinen Grenzen von 1920 bis 1923) entstanden später das heutige Israel und Jordanien, der Gazastreifen und das Westjordanland.

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Das Mandatsgebiet Palästina in den Grenzen von 1920 bis 1923 (einschließlich Cis- und Transjordaniens). Bild-Quelle: Wikipedia.

Das Hotel Fast gehörte auch keineswegs den pöhsen Zionisten (Bartuneks Lieblingsfeindbild), sondern Angehörigen der sog. Tempelgesellschaft – einer christlich-chiliastischen Religionsgemeinschaft, die ihren Ursprung um 1850 im Königreich Württemberg hat. In den 1930er Jahren diente das Hotel Fast als Konsulat von Nazi-Deutschland (daher auch die Hakenkreuz-Fahne). Das änderte sich allerdings mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Die Familie Fast (wie auch ein Großteil der deutschstämmigen Tempelgesellschaft), wurden von den Briten in einem Lager in Galiläa inhaftiert und später des Landes verwiesen.

Inwiefern soll also eine Hakenkreuzflagge auf einem Konsulat Nazi-Deutschlands im britischen Mandatsgebiet ein Beleg dafür sein, dass die Zionisten mit den Nazis kollaboriert hätten? Und inwiefern soll das unser Weltbild erschüttern? Die Antworten auf diese Fragen lässt Bartunek leider mal wieder bisher missen.

Unser Tipp an Stephan Bartunek: Selbstständig Quellen prüfen statt alles blind zu glauben, solange es nur dem eigenen verschrobenen Weltbild entspricht.

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